9 wochen sind wir schon in mittelamerika unterwegs, und es ist fast schon sowas wie ein zuhause geworden. es sind die dinge, die uns nicht mehr stören, die schlechten dinge, die uns nicht mehr auffallen, die hitze, die sich nicht mehr so anfühlt, wie zu beginn, das spanisch, das immer besser aus uns herauskommt, das einheimische essen, das wir nach 3 tagen nudeln mit sauce vermissen, die fremden betten, die für uns ein zuhause bedeuten, die menschen, die wir laufend kennenlernen, mit denen man spricht, wie mit freunden, die man schon seit jahren kennt.
es ist als ob das davor jetzt schon eine spur zu lange her ist, um noch über genügend authorität zu verfügen, uns im hier und jetzt zu erklären, unter welchen umständen wir uns wohlzufühlen hätten, unter welchen bedingungen wir freundschaften zu schliessen hätten oder einfach nur schönheit zu empfinden.
als würden wir unserer europäischen empirie eine nase drehen, und ihr unser eigenes, losgelöstes, lateinamerikanisch geprägtes ich gegenüberstellen, um dieses dann auch noch zu bevorzugen. und das alles bereichert unsere erfahrungswelt im gegenzug. lässt unsere augen sonst verborgenes sehen. meine kamera wird zu einer fortsetzung meiner augen und lässt mich hinter dinge sehen, gefühle ablichten und ahnungen. als ob die sonne auf dieser seite der welt ein anderes licht geben würde.
und selbst wenn uns ab und zu guter alter ekel plagt, kann man ihm mit einer neugewonnen gelassenheit begegnen. vielleicht sogar sich mit neugier und mut nähern, worum man sonst einen bogen gemacht hätte.
vielleicht kann man uns nun vorwerfen, nicht genau genug hinzusehen, in einer geschützten touri-welt zu existieren, in der alles schlimme von uns ferngehalten wird, damit wir hier viel geld ausgeben, und anderen menschen unsere frohe kunde bringen, die dann auch mal vorbeischauen werden. und ich wüsste nicht wie diesem vorwurf begegnen...
aber, müsste man sich nicht ständig diese fragen stellen? auch zuhause? was kann ich tun? kann ich etwas tun? bin ich hier um gutzutun, oder darf ich einfach abschalten und schöhnheit geniessen?
costa rica ist nicht perfekt. es ist genausoviel und genausowenig paradies für seine insassen, wie jedes andere land der welt. es gibt hier viel armut, aber auch viel glück. es gibt die menschen, die strudeln, wie überall. die meisten von ihnen sehen dir in die augen, nicken vielleicht leise mit dem kopf, viele sehen sich moritz an, lächeln dich an und sagen verblüfft: "que ojos!!!" wünschen dir einen schönen tag, pura vida, und sind wieder aus deinem leben verschwunden. andere wollen dir helfen, geben dir tips, fragen dich im bus, wo du schon warst und wie dir ihre heimat gefällt.
und es gibt leute, die wollen dir betrunken drogen verkaufen (auf die freundliche art), taxler, die dich fest bescheissen, mit einem lächeln. man passt auf, wo man seine dinge stehen lässt, und lässt sie dann keine sekunde aus den augen, gleichzeitig von gewissensbissen gequält, ob das denn nicht purer rassismus ist.
nein. ist es nicht. wenn dich mal die einheimischen drauf ansprechen, hier besonders vorsichtig zu sein, weil es hier wimmelt vor dieben. weil es in ordnung ist, sich nicht bescheissen lassen zu wollen. und weil es seltsam IST einem typen mit einem 2 jährigen kind auf den schultern marijuana anzubieten!
und es ist schön, obwohl es wehtut, 12 dollar eintritt zu bezahlen für den strand/nationalpark von uvita, den du fast für dich allein hast. weil damit klargestellt ist, dass es ihn noch lange geben wird.
ich muss jedoch zugeben, dass ich versucht habe mit meinem presseausweis günstiger hineinzukommen. nachdem mich die rangerin gemustert hat und dann einfach nur gefragt hat: "vacaciones?" - konnte ich einfach nicht lügen... obwohl - bin ich jemals auf urlaub? bin ich nicht immer im dienst? immerhin könnte dieser blog ja dazu führen, dass jemand anderer sich auch nach Costa Rica aufmacht?
vielleicht nehm ich mich einfach nicht ernst genug, weil ichs mein leben lang nie getan habe. vielleicht sollte ich anfangen meine arbeit mehr zu schätzen. und vielleicht sollte ich das genau bei diesen gelegenheiten mehr zu schätzen wissen, und auch überzeugter handeln.
ich denke ich werde von euch allen in zukunft mehr lob einfordern ;)
wenn das zuweit geht, dann stoppt mich fürs nächste mal ;)
ich versuche einfach rüberzubringen, wie es uns hier geht. vielleicht auch nur, wie es mir hier geht. es sind soviele gefühle, eindrücke und begegnungen, die mich hier als mensch erweitern, es sind die 10 tage, die wir nur noch haben um zu vervollständigen, was sich schon beinahe vollständig anfühlt. diese langzeitbelichtung von mittelamerika. blende zu und belichtungszeit auf 11 wochen.
das was überbleiben wird.
wenn wir mal nicht mehr da sind.
in Costa Rica meine ich...
und ich habe das gefühl, dass es vieles sein wird. und wichtiges. so wie wir bei moritz sehen, dass er wesentlich mehr mitnehmen wird, als wir uns denken. als wir uns vorstellen können und konnten. wahrscheinlich mehr als wir je identifizieren werden.
und warum sollte das bei uns anders sein? man muss nicht allem in seinem leben einen namen geben um es beurteilen zu können, es geniessen zu können, oder es einfach nur zu erleben/sehen/oder auch lassen zu können. namen zerstören oft den zauber, genau wie fotos. auch wenn ich daran arbeite letzteres zu ändern, und ich auf einem guten weg dorthin bin, wie ich denke.
es ist nicht mehr die sicherheit die ich suche. die schönheit, die andere sehen, oder sehen wollen. es ist das ich, das ich zeigen will. und die schönheit die ich sehe. und manchmal mehr als die schönheit, den schmutz und den dreck.
und nur durch nichtgelingen werde ich dort hingelangen. der fehler als grundlage, nicht als hindernis.
denn nichts ist langweiliger als das perfekte, und nichts mutloser als klassische muster.
das trauen, und das losgehen, und das vertrauen und der sprung.